Um hybride Arbeitsmodelle erfolgreich in eine Organisation einzuführen, braucht es zwei Dinge. Erstens muss der Einführungsprozess auf einen klaren Purpose des Unternehmens aufbauen. Zweitens bedarf es einer Ausgestaltung eines Hybrid Work Frameworks, das die Organisation als roter Faden durch den Prozess begleitet. Wie wird ein neues Arbeitsmodell genau eingeführt? Und was ist ein Hybrid Work Framework?
Implementierung von Hybrid Work – wo fängt man an?
Wenn die Entscheidung für ein hybrides Arbeitsmodell gefallen ist, steht sogleich die erste Herausforderung an. Wie schafft man es neue Formen der Zusammenarbeit erfolgreich in ein Unternehmen zu integrieren – und zwar auf allen Ebenen? Diese Frage ist in erster Instanz einfach zu beantworten: Indem man Maßnahmen ergreift, die dem Purpose der Organisation entsprechen. Im besten Falle ist die Entscheidung für solch ein Arbeitsmodell schon auf Basis dieses Purpose getroffen worden und nicht aus einem Zwang der Masse zu folgen. Der Frage nach den konkreten Maßnahmen muss also die Frage nach dem „warum“ vorausgehen. Wie viele Freiheitsgrade möchten wir den Mitarbeiter:innen geben und warum? Passt ein hohes Maß an Eigenverantwortung und Selbstmanagement zu unserer Unternehmensphilosophie? Für viele bedeutet dies einen Perspektivenwechsel.
Was ist mit Betriebsvereinbarungen?
Eine Frage wird mir während ersten Beratungen sehr häufig gestellt. „Wir haben eine Betriebsvereinbarung zum mobilen Arbeiten, reicht das denn nicht aus?“ Und meine eindeutige Antwort darauf habe ich immer parat. Nein, für die Etablierung eines neuen Arbeitsmodells ist die Betriebsvereinbarung nicht ausreichend. Um so weiterzumachen wie bisher – mit ein paar mehr Freiheiten in Form von Homeoffice on top – schon. Dabei geht es jedoch nicht um ein neues Arbeitsmodell und schon gar nicht um Hybrid Work. Die Betriebsvereinbarung ist das Skelett und regelt den grundsätzlichen Rahmen. Das Hybrid Work Framework bringt das Fleisch an den Knochen und füllt das ganze mit Leben – auf allen Ebenen.
Einführung eines hybriden Arbeitsmodells
Wir haben einen Blueprint für die Einführung hybrider Arbeitsmodelle entwickelt, der auf vier Schritten basiert. Dieser Prozess wird in der Roadmap to Hybrid noch genauer dargestellt.
Schritt 1
In der ersten Phase müssen Grundsatzfragen geklärt und entschieden werden. Brauchen wir überhaupt ein neues Arbeitsmodell? Eine Symptomanalyse ist dabei sehr hilfreich. So kann eindeutig festgehalten werden, wo Handlungsbedarf besteht. Außerdem muss fixiert werden, welche quantitativen Verbesserungen erwartet werden. Entscheidungen über den Einführungsprozess müssen getroffen werden, also wer beispielsweise zum Kernteam gehört, wie intern kommuniziert wird und in welchem Maße Mitarbeiter:innen eingebunden werden.
Schritt 2
Im zweiten Schritt folgt eine Assessment–Einschätzung der Ist-Situation im Führungsteam unter Einbeziehung der Mitarbeiter*innen. Über letzteres muss eindeutig entschieden werden. Wird mit einem Minimalansatz gearbeitet, zum Beispiel mit Daten aus Mitarbeiterbefragung oder mit dem Maximalansatz, also ausgeprägten Co-Creation-Prozessen? Eine Ausgestaltung und eine klare Priorisierung der Maßnahmen muss vorgenommen werden. Mit dem Hybrid Work Assessment können die Faktoren für ein hybrides Arbeitsumfeld messbar gemacht werden. Der Status quo wird mithilfe des Index erfasst und daraus auf Kennzahlen beruhend Maßnahmen ergriffen.
Schritt 3
Maßnahmen werden operativ geplant und umgesetzt. Dabei müssen zusätzliche Stakeholder identifiziert und Verantwortlichkeiten und Zeitschienen festgelegt werden. Diese Phase des Einführungsprozesses ist ein guter Zeitpunkt, um eine Employer-Branding-Kampagne anzuknüpfen.
Schritt 4
Und letztlich: Go live! Normalerweise ist dies ein stufenweiser Prozess, bei dem eine sehr klare Kommunikation unabdingbar ist. Was sind fixe Regeln und was sind Experimente mit offenen Ergebnissen? Faustregel: Strategische und konzeptionelle Entscheidungen eher fixieren, Infrastruktur und Tools eher spielerisch angehen.
Die vier Schritte sind ein Prozess und nicht jede Maßnahme wird bei der erstmaligen Umsetzung ein voller Erfolg oder bei den Mitarbeiter:innen auf Begeisterung stoßen. Die Etablierung von Hybrid Work ist kein Projekt, das innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens abgeschlossen sein muss. Es wird Testschleifen für die Erfolgsmessung geben und an der ein oder anderen Stelle muss mit Sicherheit nachgeschärft werden. Vielleicht werden viele Experimente scheitern, aber das gehört dazu. Wichtig dabei ist, die Mitarbeiter:innen mitzunehmen, offen zu kommunizieren und den Prozess transparent zu machen.
Der Einführungsprozess bedarf Stabilität und Orientierung
Ein Hybrid Work Framework bildet den Orientierungsrahmen und regelt die Richtung, in die gesteuert wird. Mir wird oft die Frage gestellt: „Aber muss denn immer alles geregelt werden? In der Praxis ist es doch viel einfacher, wenn jedes Team für sich entscheidet aufstellt.“
In diesem Fall lautet die Antwort: Ja. Hybrid Work ist ein komplexes Arbeitsmodell, das immer noch für viele unbekannt ist und daher sehr durchdacht angegangen werden muss. Ein komplexes Arbeitsmodell trifft auf eine komplexe Organisation, die in all ihren Ebenen von der neuen Arbeitsform beeinflusst wird. Einfach mal loslegen, ganz ohne Strategie, kann schwerwiegende Folgen haben: Verlust der Glaubwürdigkeit gegenüber der Mitarbeiter:innen, Vertrauensverlust, hohe Kosten und Chaos. Das gilt es zu vermeiden mit einem Framework.
Das Hybrid Work Framework hilft Unternehmen, alle relevanten Bereiche, die bei der Einführung eines hybriden Arbeitsmodells relevant sind, zu erkennen und zu bearbeiten. Außerdem schafft man mit dem Framework die Balance aus Organisationsinteressen und den Interesses des Individuums oder individuellen Team. Ich bezeichne es als Richtschnur oder Orientierungsrahmen. Und dieser Rahmen gibt Stabilität und Planungssicherheit, was in VUCA Zeiten für viele wichtig ist.
Gestaltung eines Hybrid Work Frameworks
Während Beratungen stoße ich meistens zunächst auf Fragezeichen, wenn ich ein Hybrid Work Framework anspreche. Welche Bereiche gehören in diesen Framework?
Die genaue Zusammensetzung der unterschiedlichen Bereiche bestimmt jedes Unternehmen für sich. Ein allgemein gültiger roter Faden gibt es bei der Einführung eines hybriden Arbeitsmodells nicht.
Noch so ein Wohlfühlprojekt?
Um ein Framework zu erstellen bedarf es Zeit, Menschen und Wissen. Was bringt dieser Aufwand deiner Organisation? Eine ganze Menge, das beweist eine Studie von McKinsey. Mitarbeiter:innen in Organisation mit klar kommunizierten Spielregeln für die Post-Covid Zusammenarbeit performen bis zu 4,5 x so gut wie Mitarbeiter:innen in Organisation, die keine Spielregeln haben oder diese nicht kommunizieren. Die Mitarbeiter:innen haben auch ein verbessertes Zugehörigkeitsgefühl zu ihrem Team und der ganzen Organisation.
Auch in Onboarding Prozessen kann ein Framework ein klarer Vorteil sein. Fragen der Bewerber:innen zu mobiler Arbeit, Homeoffice, Remote Work sind mittlerweile die Norm bei Vorstellungsgesprächen. Mit einem klar ausgearbeiteten Rahmen kann so glaubwürdig und authentisch vermittelt werden, wie in der Organisation gearbeitet wird. Ein Hybrid Work Framework ist also ein perfekter Anlass um über den Cultural Fit eines Bewerbers oder einer Bewerberin zu sprechen.